Autor: Gundolf Meyer-Hentschel *
Originalmanuskript inkl. aller Grafiken eines Beitrags, der – gekürzt – in Ausgabe 35/36 2022 des Deutschen Ärzteblatts erschienen ist.
Praktisch jede Arztpraxis in Deutschland verfügt über einen Eintrag in der Google Suche, ein Praxisprofil, von Google als „Unternehmensprofil“ bezeichnet.
Man findet dieses Praxisprofil, indem man in der Google-Suche den Praxisnamen eingibt. Das Profil erscheint auf einem Desktop-Computer in der rechten oberen Ecke des Bildschirms, auf einem Smartphone ganz oben.
Solche Profil-Einträge wurden von Google im Laufe der Jahre für bestehende Praxen automatisch angelegt, indem Daten, die irgendwo im Internet verfügbar sind oder waren, dort zusammengefasst wurden. Google versteht diese Praxisprofile als Service für seine Nutzer: Wenn ein Patient nach dem Namen einer Praxis oder eines Arztes googelt, muss er nicht eine Vielzahl von Suchergebnissen durchforsten, sondern findet das Wichtigste kompakt zusammengefasst im Praxis- bzw. Unternehmensprofil.
Die Bedeutung des Praxisprofils
Das Google Praxisprofil ist in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung für Arztpraxen. Zum einen suchen Patienten dort aktuelle Informationen, z.B. Öffnungszeiten. Zum anderen sind dort die Bewertungen der Praxis in Form von Google-Sternen auf den ersten Blick erkennbar, was für mögliche neue Patienten interessant sein kann.
Schließlich spielt das Praxisprofil eine wichtige Rolle, an welcher Position die Praxis in den Suchergebnissen gelistet wird. Dies ist für generische Suchen von Bedeutung, wenn ein Patient z.B. „Kinderarzt Lippstadt“ eingibt.
Standardmäßig listet Google dann drei Praxen auf. Die Kriterien, nach denen diese Praxen ausgewählt werden, hält Google – wie bei allen seinen Algorithmen – geheim. Inzwischen gibt es natürlich Hinweise, welche Kriterien vermutlich eine Rolle spielen. Dazu gehören u.a.: Vollständigkeit und Aktualität des Praxisprofils, Bewertung der Arztpraxis, Reaktionsgeschwindigkeit bei Anfragen, Zahl und Qualität der vorhandenen Fotos, Informationen für Patienten in Form von Blogbeiträgen.
Zusätzlich spielt die Entfernung der Praxis zum anfragenden Patienten eine Rolle, sofern dieser seine Standortdaten aktiviert hat.
Hintergrund dieser Kriterien ist Googles Ziel, dem Internetnutzer eine optimale Nutzererfahrung zu bieten und ihn auf diese Weise bei der Informationssuche oder einer Entscheidung möglichst gut zu unterstützen.
Praxen, die dem Suchmaschinenanbieter dabei helfen, werden durch gute Listenplätze in den Suchergebnissen „belohnt“. Je nach Wettbewerbsumfeld einer Arztpraxis kann es also sinnvoll sein, sich regelmäßig um das Google Profil zu kümmern.
Wieviele Arztpraxen in Deutschland nutzen aktiv ihr Google Unternehmensprofil?
Bis jetzt gab es keine Daten, wie viele Arztpraxen das von Google angelegte Profil ihrer Praxis beansprucht haben und aktiv nutzen. Deshalb haben wir eine empirische Untersuchung durchgeführt, um einen Anhaltspunkt für diese Frage zu bekommen.
Dazu wurden 100 Arztpraxen (geschichtet nach den 10 Postleitzahlgebieten) per Zufallsprinzip ausgewählt. Das gewählte Verfahren führte dazu, dass 39 % Hausarzt- und 61 % Facharztpraxen in die Stichprobe gelangten. Dieses Verhältnis entspricht ziemlich genau den im Bundesarztregister aufgeführten Zahlen (Stand: 31.12.2021) und kann als Hinweis auf die Güte der Stichprobe interpretiert werden. [Die vollständigen technischen Daten der Studie sind am Schluss aufgeführt.]
Aktuell haben – laut den erhobenen Daten – erst 42 % der niedergelassenen Arztpraxen die Inhaberschaft des von Google angelegten Praxisprofils beansprucht. 32 % haben eigene Fotos eingestellt, die im Profil angezeigt werden. Eine Detailanalyse zeigt, dass der größte Teil dieser Fotos zu einem einzigen Termin eingestellt wurde, vermutlich nach Beanspruchung der Inhaberschaft des Profils. Eine regelmäßige Aktualisierung der Fotos konnten wir bei keinem der Praxisprofile finden.
19 % der Arztpraxen haben mindestens einmal auf eine Bewertung durch Patienten reagiert. In den allermeisten Fällen handelt es dabei um Reaktionen auf negative Bewertungen. Eine systematische Kommunikation mit Patienten, die eine Bewertung abgegeben haben – unabhängig ob positiv oder negativ – konnte nur bei 2 % der Praxen beobachtet werden.
Eine Analyse der Daten getrennt nach Facharzt- und Hausarztpraxen macht deutlich, dass Facharztpraxen ihre Praxisprofile signifikant aktiver bearbeiten als Praxen von Hausärzten.
Während nur 15 % der Hausarztpraxen auf Bewertungen reagieren, tun dies 21 % der Facharztpraxen. Der Unterschied ist statistisch signifikant. Auch beim Upload eigener Fotos haben Fachärzte die Nase vorn. 38 % der Facharztpraxen nutzen diese Möglichkeit, während nur 23 % der Hausarztpraxen eigene Fotos in ihr Praxisprofil eingestellt haben. Auch diese Differenz ist statistisch signifikant.
Keine Unterschiede gibt es beim Anteil der Praxen, die ihren Google-Eintrag beansprucht haben. Hier liegen Fachärzte und Hausärzte gleichauf.
Risiken eines passiven Google-Praxisprofils
Es gibt wichtige Gründe, warum eine Arztpraxis ihr Google-Profil beanspruchen und regelmäßig pflegen sollte. Nachfolgend die vier wichtigsten, um Risiken zu begrenzen.
1. Jeder – Patienten oder auch Kollegen – kann Änderungen vorschlagen, die Google umsetzt, sofern sie plausibel erscheinen. Ob solche Änderungen korrekt sind, prüft Google nicht. Als Inhaber wird man darüber informiert und kann Änderungen ablehnen. Wer sein Profil nicht beansprucht hat, bemerkt solche Änderungen allenfalls per Zufall.
2. Jeder, der über ein gratis Google-Konto verfügt, kann Fotos hochladen oder Fotos löschen. Konkret: Unbekannte Dritte (Stichwort: Fake-Accounts) können die Darstellung einer Arztpraxis bei Google beeinflussen, zum Positiven wie zum Negativen.
3. Wenn eine Arztpraxis keine eigenen Fotos zur Verfügung stellt, wählt Google zuweilen unpassende Fotos aus, um die Praxis zu präsentieren. Zwei Beispiele: Ein Arzt, der keine Fotos zur Verfügung stellt, wird mit dem Bild einer Parteiversammlung präsentiert, bei der er zum Ortsvorsitzenden gewählt wurde. Im Google-Profil einer Praxis in Mainz erscheint – mangels eigener Fotos – das Foto einer Mainzer Fastnachtssitzung.
4. Vierter und wichtigster Punkt: Sterne-Bewertungen sind im Google Praxisprofil prominent zu sehen. Unabhängig davon, wie man die Aussagekraft dieser Bewertungen einschätzt, sind sie für Patienten ein erster und bedeutender Anhaltspunkt. Deshalb macht es Sinn, diese Bewertungen zeitnah zu verfolgen. Mit einem aktiven Google-Profil wird die Praxis über jede neue Bewertung per Email informiert und kann reagieren.
Empfohlene regelmäßige Aktivitäten im Praxisprofil
Der Startaufwand zum Einrichten des Praxisprofils beträgt ca. 1-2 Stunden. Anschließend ist es nach unseren Erfahrungen ausreichend, sich jede Woche für 10 bis 20 Minuten dem Google Profil zu widmen. Als Organisationsform hat sich bewährt, dass eine MFA sich darum kümmert und die Praxisinhaber in der Teambesprechung auf dem Laufenden hält.
Folgende Aktivitäten sollten regelmäßig erledigt werden:
• Öffnungszeiten aktuell halten: Urlaub, Weiterbildungstage, sonstige Schließtage
• Auf jede Bewertung antworten, auch auf Positive.
• Anfragen kurzfristig bearbeiten (Google registriert positiv, wenn der Anfrager innerhalb von 24 Std. eine Antwort erhält).
• Jeden Monat mindestens ein neues Foto einstellen
Praxen, die sich vom Durchschnitt abheben wollen, können noch drei weitere Optionen nutzen:
Google bietet die Möglichkeit, kurze Blogbeiträge auf dem Praxisprofil zu veröffentlichen. In unserer Studie haben nur 6 % der Praxen diese Art der Kommunikation genutzt. Themen, die für Patienten interessant sein könnten, gibt es mehr als man denkt, z.B. neuer Grippeimpfstoff ist verfügbar; wir haben eine neue MFA; Praxisinhaber hat an einer Fortbildung zum Thema xy teilgenommen; wir suchen Personal usw.
Zum zweiten: Als Ergänzung zu den Standardinformationen des Praxisprofils kann man besondere Leistungen oder Schwerpunkte einer Praxis als „Produkte“ anlegen und mit Foto und einem kurzen Text erläutern.
Schließlich bietet Google die Möglichkeit, gratis eine Internetseite zu gestalten – ergänzend zur vorhandenen Website oder stattdessen. Man muss lediglich einige Basisinhalte einstellen, alle aktuellen Informationen übernimmt Google automatisch aus dem Praxisprofil. Der Pflegeaufwand für eine solche Internetpräsenz ist minimal.
Technische Daten der Studie
N = 100 Arztpraxen
Stichprobe: Geschichtete Zufallsstichprobe. Schichtungskriterium: alle zehn deutschen PLZ-Bereiche, aus denen je ein zweistelliger Bereich mit Zufallsgenerator ermittelt wurde, konkret: 12, 22, 34, 48, 55, 64, 75, 88, 99, 09
Innerhalb jedes PLZ-Bereichs wurden per Zufallsstichprobe 10 Praxen ausgewählt. Das gewählte Verfahren führte dazu, dass 39 % Hausarzt- und 61 % Facharztpraxen in die Stichprobe gelangten. Dieses Verhältnis entspricht ziemlich genau den im Bundesarztregister aufgeführten Zahlen (Stand: 31.12.2021) und kann als Hinweis auf die Güte der Stichprobe interpretiert werden.
https://www.kbv.de/media/sp/2021-12-31_BAR_Statistik.pdf
Erhebungszeitraum: 6. bis 8. Juli 2022
Durchführung: https://mho.world
Dr. Gundolf Meyer-Hentschel ist Inhaber von Meyer-Hentschel Online World.
Der ausgewiesene Marketingfachmann ist Autor/ Hrsg. von 9 Büchern. 2020/2021 wurde er aufgrund seiner fundierten Expertise in Marquis Who’s Who in the World aufgenommen.
Keynotes von und mit Gundolf Meyer-Hentschel